von Martina Lütjens (CDU)
Der Stadtteil Klein Borstel ist geprägt von seinen Kaffeemühlen-Häusern, der Frank´schen Siedlung, Mehrfamilien- und Reihenhäusern.
Auf dem Grundstück Borstels Ende 56 wurde ein Neubauvorhaben genehmigt.
Vor diesem Hintergrund frage ich das Bezirksamt:
- Entspricht die Baugenehmigung für Borstels Ende 56 dem gültigen
Bebauungsplan Ohlsdorf 8?
Antwort der Verwaltung:
Der Bebauungsplan Ohlsdorf 8 weist für die angefragte Belegenheit folgende Festsetzungen
aus: WR, MAX II, GRZ 0,3, GFZ 0,5 sowie eine vordere und eine hintere Baugrenze.
Zudem ist gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung über den Bebauungsplan Ohlsdorf 8 festgeschrieben,
dass „nur Einzel- und Doppelhäuser mit nicht mehr als zwei Wohnungen je Gebäude
zulässig“ sind.
Das Vorhaben (Baugenehmigung gem. § 61 HBauO vom 09. Mai 2022) entspricht der Art
der baulichen Nutzung im WR-Gebiet vollumfänglich. Hinsichtlich des Maßes der baulichen
Nutzung entspricht das Vorhaben der ausgewiesenen Geschossigkeit sowie der GRZ. Planungsrechtliche
Befreiungen wurden hinsichtlich der unter Nr. 2 aufgeführten Punkte erteilt. - Wurden Überschreitungen
a. der Baugrenzen
b. der zulässigen Geschossflächenzahl
c. der zulässigen Wohnungen
genehmigt?
Wenn ja, mit welcher Begründung?
Antwort der Verwaltung:
Ja, es wurden für die drei oben aufgeführten Befreiungstatbestände entsprechende Anträge gestellt und nach eingehender Prüfung und Abwägung genehmigt. Nachfolgend werden diese noch einmal mit detaillierter Begründung aufgeführt.
Folgende planungsrechtliche Befreiungen wurden nach § 31 Absatz 2 BauGB erteilt:
– für das Überschreiten der Baugrenze um 1,50 westlich, durch die Errichtung von Balkonen gem. § 23 Abs. 3 BauNVO 1962 i.V. B-Plan Ohlsdorf 8
Begründung
Die Befreiung ist genehmigungsfähig, da durch die überarbeitete Planung nun lediglich die hintere Baugrenze nach Westen um 1,50 m durch den Balkon im ersten Obergeschoss überschritten wird. Gegen diese planungsrechtliche Abweichung bestehen städtebaulich keine Bedenken und nachbarliche Belange werden hierdurch nicht berührt.
– für das Überschreiten der zulässigen Geschossflächenzahl von 0,5 um 0,19 auf 0,69 gem. B-Plan Ohlsdorf 8 i.V. BauNVO 1962.
Begründung
Die Befreiung ist genehmigungsfähig, da sie städtebaulich vertretbar ist. Eine entsprechende Vorprägung und Genehmigungslage ist im Umfeld vorhanden. Überschreitung der zulässigen Geschossflächenzahl führt jedoch zu einer Erhöhung der städtebaulichen Dichte. Die Zahl der zulässigen Wohneinheiten wird um mehr als die Hälfte auf 5 überschritten. Hieraus ergibt sich die Erforderlichkeit zur Herstellung einer Kinderspielfläche von mind. 100 m² und somit von versiegelten Gartenflächen. Daher wird zur Kompensation nachfolgende Bedingung an die Befreiung geknüpft.
Bedingung
Die Dachfläche des Staffelgeschosses ist extensiv zu begrünen.
– für das Überschreiten der zulässigen Zahl der Wohnungen je Gebäude von 2 WE um 3 WE auf 5 WE gem. B-Plan Ohlsdorf 8 i.V. § 9 Abs. 1 Nr. 6 BauGB.
Begründung
Die Befreiung ist genehmigungsfähig, da sie städtebaulich vertretbar ist. Eine entsprechende Vorprägung und Genehmigungslage ist im Umfeld vorhanden. Zudem sieht der B-Plan eine 25 m Tiefe Baukörperausweisung vor, folglich wäre beispielsweise eine Reihenhauszeile mit gleicher Wohnungsanzahl ebenso zulässig. Eine nachbarrechtliche Betroffenheit lässt sich somit nicht ableiten, zumal die Abstandsflächen gemäß Lageplan eingehalten werden. Die Grundzüge der Planung sind durch das Vorhaben auf Grund des oben genannten nicht betroffen. - Wann wurde der Vorbescheid erteilt?
Antwort der Verwaltung:
Es wurde kein Vorbescheid erteilt. - Gab es eine Anhörung der direkt betroffen Nachbarn, Nr. 54 und 58?
Wenn nein, warum nicht?
Antwort der Verwaltung:
Nein, da die nachbarlichen Belange gemäß § 71 HBauO ausreichend Berücksichtigung gefunden haben. Gemäß Abs. 3 wird: „Vor Erteilung von Befreiungen von den Festsetzungen eines Bebauungsplans oder vor Abweichungen von § 6 dieses Gesetzes beteiligt die Bauaufsichtsbehörde die Eigentümerinnen und Eigentümer sowie Erbbauberechtigten angrenzender oder betroffener Grundstücke, wenn zu erwarten ist, dass öffentlich-rechtlich geschützte nachbarliche Belange berührt werden.“ Die o.a. Befreiungen berühren die öffentlich-rechtlich geschützten nachbarlichen Belange
nicht, insofern war eine Nachbarbeteiligung nicht erforderlich. Weder ergibt sich im vorliegenden Fall ein Erfordernis aus den Vorgaben des § 6 HBauO (s.u.) noch könnte sich eine entsprechende Begründetheit aus den o.g. Befreiungstatbeständen ableiten lassen. Zumal diese nicht gegen das Rücksichtnahmegebot im Sinne des § 15 BauNVO verstoßen. - Welche Abstandsfläche gilt für dieses Bauvorhaben?
Wurde eine Überschreitung der Abstandsfläche beantragt und genehmigt?
Antwort der Verwaltung:
Es gelten für das Vorhaben die gem. § 6 Abs. 5 HBauO festgelegten Abstandflächen. Für die unteren zwei Geschosse ist eine Mindestabstandfläche von 2,50 m anzuwenden. Das darüber liegende Staffelgeschoss weist bei einer angegebenen Traufhöhe von 8,40 m eine Abstandfläche von 3,36 m auf, diese erstreckt sich im Bereich der Mindestabstandfläche der unteren Geschosse. Eine Beantragung einer Abweichung nach § 69 HBauO zur Überschreitung der Abstandflächen war nicht erforderlich, weil sämtliche Abstandsflächen auf eigenem Grund nachgewiesen wurden. - Welche Brandschutzauflagen gelten für diesen Neubau und werden die Abstände eingehalten?
Antwort der Verwaltung:
Es gelten im Allgemeinen die Vorgaben der HBauO. Weitergehende Brandschutzauflagen
wurden nicht festgesetzt, da eine Prüfung des Brandschutzes bei der vorliegenden Gebäudeklasse
vom Gesetzgeber gem. § 68 Abs. 2 HBauO nicht vorgesehen ist.
Unabhängig vom Prüferfordernis sei festzustellen, dass die gemäß § 28 HBauO einzuhaltenden
brandschutzrechtlich erforderlichen Abstände zweifelsfrei eingehalten werden. - Hat das Bezirksamt Kenntnis, dass der unmittelbare Nachbar keine Zustimmung zu einem
geringeren Abstand gegeben hat?
Antwort der Verwaltung:
Da ein geringerer Abstand, als der gesetzlich Erforderliche nicht vorliegt, besteht kein Erfordernis
zu einer nachbarlichen Zustimmung. Somit ist die Erkenntniserlangung unerheblich. - Wer ist für die ordnungsgemäße Baustellenabsicherung zuständig und von wem erfolgt eine
Überprüfung?
Antwort der Verwaltung:
Zuständig für die Baustellenabsicherung und die Überprüfung ist der Bauherr selbst und im
Auftrag das eingesetzte Bauunternehmen. Gegebenenfalls kann bei Missständen eine
Überprüfung der Baustelle sowie eine entsprechende Aufforderung zur Missstandsbeseitigung
durch die zuständige Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen mittels sog. Baustelleninspekteure
erfolgen. - Gibt es hier eine schützenswerte Buchenhecke?
Antwort der Verwaltung:
Ja, hierzu befindet sich folgende Auflage im Bescheid:
Die grundstücksbegleitenden Hecken (Berberis-Hecke und Hainbuchen-Hecke) sind zu erhalten
und vor baubedingten Beeinträchtigungen zu schützen. Abgrabungen für bauliche
Maßnahmen sind nur durch einen Fachbetreib für Baumpflege zulässig. - Gibt es Auflagen, dass die Straßenbäume während der Bauphase zu schützen sind?
Antwort der Verwaltung:
Ja, der zu erhaltende Baum- und Heckenbestand ist gemäß den Auflagen der Hamburger
Baumschutzverordnung, der DIN 18920 in Verbindung mit der RAS-LP 4 sowie der ZTVBaumpflege
(aktuelle Ausgabe) zu schützen. - Welche weiteren Bauvorhaben gibt es in Klein Borstel, in den die Baugrenzen und die Geschossflächenzahl überschritten werden?
Wenn ja, auf welcher Grundlage werden dann Genehmigungen erteilt?
Antwort der Verwaltung
Die Beantwortung dieser Frage ist nicht möglich. Eine separate statistische Erfassung sämtlicher
Befreiungen mit örtlicher Zuordnung gibt es nicht. Eine statistische Einzelerfassung
würde sich in einem unverhältnismäßigen Rahmen bewegen und hätte aufgrund der nötigen
Einzelfallbetrachtungen allenfalls eine sehr geringe Aussagekraft.
Grundsätzlich wird eine Baugenehmigung auf Grundlage der HBauO erteilt. Erteilungen von
planungsrechtlichen Befreiungen im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens erfolgen auf
Grundlage des § 31 BauGB.