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Aufarbeitung der behördlichen Abläufe und Versäumnisse im Marburg-Virus-Verdachtsfall vom 2. Oktober 2024/Mit Antwort

Von Martin Fischer, Dr. Julia Wickert (CDU)

Der Vorfall am 2. Oktober 2024 im Hamburger Hauptbahnhof, bei dem ein Medizinstudent im Verdacht stand, das hochgefährliche Marburg-Virus eingeschleppt zu haben, hat erhebliche Mängel im behördlichen Krisenmanagement aufgezeigt. Insbesondere die mangelhafte Erfassung der Kontaktdaten aller Zugpassagiere stellt ein gravierendes Versäumnis dar. Wäre es zu einer tatsächlichen Infektion gekommen, hätten in einer Millionenstadt wie Hamburg unzählige Menschen infiziert werden können, ohne dass die Behörden ihre Kontakte hätten nachvollziehen können. Dies hätte potenziell eine unkontrollierbare Ausbreitung des Virus zur Folge haben können.

Vor diesem Hintergrund fragen wir den Herrn Bezirksamtsleiter:
Vorbemerkung:
Die Sozialbehörde und das Gesundheitsamt Hamburg-Nord haben in Zusammenarbeit mit allen beteiligten behördlichen Stellen und Akteuren in der FHH eine kritische Analyse der eingeleiteten Maßnahmen und der Kommunikation rund um den nicht bestätigen Marburg-Virus-Fall von Anfang Oktober begonnen. Dabei werden alle Prozesse rund um diesen Einzelfall überprüft. Ziel dieser Überprüfung ist es, die Verfahrens- und Kommunikationsschritte in einem HCID-Verdachtsfall (High Consequence Infectious Disease) noch enger miteinander zu verzahnen und bei Bedarf Anpassungen vorzunehmen.
Der konkrete Einzelfall hat sich dabei wie folgt dargestellt: Ein Medizinstudent war am Morgen des 2. Oktober per Flugzeug aus Ruanda kommend mit einer Begleitperson in Frankfurt am Main eingereist. In Ruanda hatte er im Rahmen seines Medizinstudiums nach eigenen Angaben zweimal Kontakt zu einem mit dem Marburg-Virus infizierten Patienten.

Das zuständige Gesundheitsamt Hamburg-Nord erhielt im Laufe des 2. Oktober mehrfach widersprüchliche Informationen zum Aufenthaltsort des Betroffenen. Telefonisch war dieser zwischenzeitlich nicht zu erreichen. Zunächst musste aufgrund der erhaltenen Informationen davon ausgegangen werden, der Betroffene sei mit dem Flugzeug nach Hamburg weitergereist. Am Hamburger Flughafen wurden dementsprechend alle erforderlichen Maßnahmen für die Isolation und den Transport ergriffen. Die Information, dass die Person mit dem Zug nach Hamburg gereist war, hat das Gesundheitsamt Hamburg-Nord dann erst deutlich nach Eintreffen des betroffenen Zuges am Hamburger Hauptbahnhof und nach Ausstieg der Fahrtgäste erreicht. Sofort wurden seitens des Gesundheitsamtes alle notwendigen Maßnahmen für den Infektionstransport und die sofortige Isolation und Diagnostik ergriffen: Die Feuerwehr und das UKE wurden entsprechend eingebunden. Die Bundespolizei wurde in Amtshilfe tätig. Wegen der deutlich verspäteten Information über das Eintreffen des Verdachtsfalls war es – anders als zunächst angenommen und in der Presse kommuniziert – allerdings nicht möglich, vorsorglich Kontaktdaten der Mitreisenden aus dem um 14:05 Uhr am Hauptbahnhof eingetroffenen Zug zu erheben. Der Zug wurde im Anschluss an das Verlassen des Hamburger Hauptbahnhofs routinemäßig gereinigt, neu eingesetzt und nahm dann eine neuerliche Fahrt aus Hamburg-Altona startend auf. Die Bundespolizei hat den Zug um ca. 16:00 Uhr in Hamburg-Harburg angehalten. Dort wurden rein vorsorglich die Kontaktdaten der Personen erhoben, die zwischenzeitlich die potentiell seitens des Verdachtsfalls benutzten Toiletten aufgesucht hatten. Übertragungen des Marburg-Virus sind allerdings bislang lediglich durch engsten körperlichen Kontakt über den Austausch von Körperflüssigkeiten bekannt. Eine Ansteckung über Flächen, wie zum Beispiel über eine Toilettenbrille ist extrem unwahrscheinlich. Übertragungen von hämorrhagischem Fieber in öffentlichen Verkehrsmitteln sind bislang auch nicht bekannt.

Die Freigabe des Zuges zur Weiterfahrt erfolgte dann abschließend um 17:25 Uhr. Eine erste Pressemitteilung wurde durch die Sozialbehörde noch am selben Abend nach Vorliegen aller relevanten Informationen veröffentlicht. Eine weitere Pressemitteilung hinsichtlich der Negativtestung des Verdachtsfalls erfolgt am Vormittag des Folgetages.

1. Warum wurden, entgegen der ursprünglichen Mitteilung, keine Daten der Mitreisenden des ICE erfasst, obwohl dies als präventive Maßnahme angekündigt wurde?
Siehe Vorbemerkung.

2. Welche Absprachen gab es diesbezüglich zwischen der Hamburger Bundespolizei, dem Gesundheitsamt des Bezirks Hamburg-Nord und der Sozialbehörde der Stadt Hamburg?
Siehe Vorbemerkung.

3. Aus welchem Grund wurde die Bundespolizei erst um 15:31 Uhr zur Amtshilfe angefordert, obwohl der Zug bereits um 14:05 Uhr am Hauptbahnhof eintraf?
Siehe Vorbemerkung.

4. Wie beurteilt das Bezirksamt die Kommunikation und Koordination zwischen den verschiedenen beteiligten Behörden (Feuerwehr, Bundespolizei, Gesundheitsamt)?
Siehe Vorbemerkung.

5. Warum wurde der ICE, der vom betroffenen Paar genutzt wurde, nicht sofort unter Dekontaminationsbedingungen gereinigt, sondern lediglich routinemäßig gereinigt und direkt wieder nach Frankfurt zur Personenbeförderung eingesetzt?

6. Welche Maßnahmen hat das Bezirksamt ergriffen, um sicherzustellen, dass mögliche Infektionsquellen – insbesondere genutzte Toiletten – ausreichend dekontaminiert wurden?
Siehe Vorbemerkung.

7. Wie bewertet das Bezirksamt den zeitlichen Verzug der Informationen, die das Gesundheitsamt Hamburg-Nord über die tatsächliche Reise des Paares mit dem ICE erhielt und welche Schritte plant das Bezirksamt, um die Meldekette in Fällen potenzieller Seuchenfälle zu optimieren?
Siehe Vorbemerkung.

8. Warum wurde nicht sofort eine umfassendere Kontrolle der Reisenden im Hauptbahnhof eingeführt, um mögliche Kontaktpersonen zu identifizieren, bevor der Zug weiterfahren konnte, und welche Rolle spielte das Bezirksamt bei der Koordination dieser Maßnahmen?
Siehe Vorbemerkung.

9. Warum wurde nicht sichergestellt, dass auch die neuen Passagiere, die am Hauptbahnhof in den ICE einstiegen, direkt erfasst und informiert wurden?
Siehe Vorbemerkung.

10. Welche konkreten Gründe werden für die widersprüchlichen Informationen angeführt, die das Gesundheitsamt in Bezug auf den Aufenthaltsort des Paares erhielt und welche Maßnahmen plant das Bezirksamt, um in zukünftigen Fällen eine bessere Abstimmung zwischen den beteiligten Behörden zu gewährleisten?
Siehe Vorbemerkung.

11. Welche Rolle spielt das Gesundheitsamt Hamburg-Nord bei der Risikoabschätzung in einem solchen Fall und wie bewertet das Gesundheitsamt Hamburg-Nord das Risiko, das von einer potenziellen Marburg-Virus-Infektion ausgegangen wäre? Wird externe Fachexpertise wie das Bernhard-Nocht-Institut oder das Robert-Koch-Institut unmittelbar hinzugezogen? Welche zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen wurden ergriffen, um die Hamburger Bevölkerung zu schützen?
Im HCID-Fall wird das Beratungsgremium Fach- und Reaktionsgruppe Seuchenschutz Hamburg für die benötigte Fachexpertise hinzugezogen. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

12. Warum wurde die Öffentlichkeit nicht zeitnah und umfassend über die Probleme bei der Erfassung der Kontaktpersonen informiert, obwohl dies ein wesentlicher Faktor zur Eindämmung einer möglichen Infektion hätte sein können?
Siehe Vorbemerkung.

13. Welche Lehren zieht das Bezirksamt aus den Vorfällen im Rahmen dieses Kriseneinsatzes, und welche konkreten organisatorischen Maßnahmen werden ergriffen, um ähnliche Fehler in Zukunft zu vermeiden?
Siehe Vorbemerkung.